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Clean Label: Was verbirgt sich hinter den „Ohne“-Versprechungen?

Ohne Konservierungsstoffe, ohne Geschmacksverstärker, ohne Farbstoffe – solche Versprechen begegnen uns im Supermarkt beinahe in jedem Regal. Statt mit den tatsächlichen Zutaten zu werben, wird auf vielen Produkten vor allem das hervorgehoben, was nicht enthalten ist. Dieses Prinzip nennt sich „Clean Label“. Klingt erstmal sinnvoll – schließlich möchte niemand unnötige Zusatzstoffe, die an Chemiebaukasten erinnern. Doch so „clean“, wie der Name vermuten lässt, sind die Zutatenlisten nicht immer. Was wirklich dahintersteckt, wann es kritisch wird und worauf Du achten kannst – das erfährst Du hier.

Eine Hand hält eine transparente Plastikverpackung von KoRo Dinkel Knusperflakes. Das Etikett der Verpackung zeigt die Nährwerttabelle, Zutatenliste und den Claim "Ohne Zuckerzusatz". Der Hintergrund ist hellblau.

First things first: Die Bedeutung von Clean Label

Clean Label bedeutet wörtlich übersetzt „sauberes Etikett“. Aber keine Sorge, hier geht’s nicht um den nächsten Frühjahrsputz in Deinen Küchenschränken, sondern um eine „aufgeräumte“ Zutatenliste. Heißt: möglichst kurz, verständlich, ohne E-Nummern oder kryptische Fachbegriffe und ohne künstliche Zusatzstoffe. Genau das sollen Aussagen wie „ohne“ oder „frei von“ vermitteln.

Das klingt nach Transparenz und Vertrauen – und genau damit treffen solche Produkte den Nerv vieler Verbraucher:innen. Wer „clean“ liest, verbindet damit automatisch naturbelassene Lebensmittel, Qualität und eine bewusste Herstellung. Und der Wunsch danach ist so groß wie nie. Kein Wunder also, dass der Clean-Label-Trend überall präsent ist.

Wer legt fest, was „clean“ ist?

Die kurze Antwort: Niemand. „Clean Label“ und auch „True Clean Label“ sind keine geschützten Siegel wie Bio oder Fairtrade, sondern Marketingbegriffe ohne feste Definition. Es gibt keine einheitlichen Standards, keine zentrale Prüfstelle, kein offizielles Regelwerk. Jede:r Hersteller:in darf also selbst entscheiden, was als „clean“ bezeichnet wird und wie es auf dem Etikett dargestellt wird.

Ohne alles, ohne Klarheit: Warum Clean Labels problematisch sind

Die Idee hinter Clean Labels klingt erstmal gut: weniger künstlich, mehr Natürlichkeit. Doch während Claims wie „zuckerarm“ oder „proteinreich“ in der EU klar geregelt sind und nur verwendet werden dürfen, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind, ist das bei Wörtern wie „natürlich“, „künstlich“ oder eben „clean“ nicht der Fall. Das macht die Sache so knifflig: Was für die einen Lebensmittelhersteller:innen „clean“ ist, kann für die nächsten etwas völlig anderes bedeuten. Genauso unterscheidet sich auch die Erwartungshaltung der einzelnen Verbraucher:innen. Das Ergebnis: ein Begriff, viele Bedeutungen – und jede Menge Interpretationsspielraum.

Wie viel „clean“ steckt wirklich im Clean Label?

Hinzu kommt, dass das Clean Labeling manchmal mehr Schein als Sein ist – eine Art „Clean Washing“. Obwohl es gesetzlich nicht erlaubt ist, wird oft mit Selbstverständlichkeiten geworben, also Dingen, die ohnehin nicht zugesetzt werden dürfen. Oder bestimmte Zusatzstoffe werden einfach durch Zutaten ersetzt, die ähnlich wirken, aber nicht kennzeichnungspflichtig sind:

  • Als Geschmacksverstärker fungieren in einer „cleanen“ Rezeptur oft Hefeextrakt oder Sojasoße – die können geschmacklich denselben Effekt haben, benötigen aber keine Geschmacksverstärker-Kennzeichnung.
  • Lebensmittel ohne Konservierungsstoffe werden in manchen Fällen durch Essigsäure oder andere natürliche Konservierungshilfen haltbar gemacht.
  • Statt Farbstoffen mit E-Nummern kommen manchmal färbende Lebensmittel wie Rote-Bete- oder Spinat-Pulver zum Einsatz.
Nahaufnahme von leuchtend grünem Spinatpulver in einem durchsichtigen Glas, das auf einer rosa Oberfläche steht.

Solche Zutaten sind nicht verboten oder gefährlich – sie zeigen nur, dass „ohne Zusatzstoffe“ nicht immer heißt, dass das Produkt grundlegend anders zusammengesetzt ist. Viele Clean-Label-Produkte unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung kaum von vergleichbaren Artikeln ohne entsprechende Auslobung. Eine echte Qualitätsgarantie steckt dahinter eher selten.

Unser Ansatz bei KoRo

„Clean“ klingt nach rein und richtig – und lässt schnell den Eindruck entstehen, dass alles andere irgendwie „dirty“ oder minderwertig ist. Das erzeugt unnötiges Food-Shaming und führt selten zu mehr Wissen. Wir bei KoRo finden: Lebensmittel sollten nicht in „sauber“ und „unrein“, „gesund“ und „ungesund“ eingeteilt werden. Wir möchten informieren, nicht bewerten. Denn am Ende sollst Du selbst entscheiden können, was in Deinem Warenkorb landet – und das geht nur, wenn Du nachvollziehen kannst, was wirklich drin ist. Für uns bedeutet das:

  • vollständige und verständliche Zutatenlisten
  • keine versteckten Zusätze
  • klare, nachvollziehbare Produktinformationen

Natürlich nutzen auch wir bei KoRo gelegentlich „Ohne“-Angaben, wie zum Beispiel “Ohne Zuckerzusatz”. Aber wir achten darauf, solche Aussagen transparent und kontextbezogen zu verwenden, statt sie als Qualitätsversprechen zu inszenieren.

Nahaufnahme einer Produktetikette von KoRo Bio Kokoschips ohne Zuckerzusatz. Die Etikette zeigt die Nährwertangaben, Zutatenlisten in mehreren Sprachen und das Bio-Siegel. Im Hintergrund sind  Kokoschips zu sehen.

Saubere Sache? Wie Du es herausfindest

Clean-Label-Lebensmittel sind nicht per se schlecht – sie zeigen, dass sich viele Menschen bewusster mit Lebensmitteln auseinandersetzen. Aber weil der Begriff nicht geschützt ist, lohnt sich ein zweiter Blick. Nicht jedes „clean“ steht für Transparenz und natürliche Inhaltsstoffe – manchmal eher für cleveres Marketing. Und mal ehrlich: Vermutlich sind die wenigsten von uns Lebensmittelchemiker:innen und wissen, was laut Gesetz als Konservierungsstoff zählt.

Deshalb unser (ziemlich einfacher, aber wirkungsvoller) Tipp: Dreh das Produkt um! Die Zutatenliste und Nährwerttabelle verraten oft mehr als jeder Claim auf der Vorderseite. Denn „clean“ ist gut – aber klar ist besser.

Denise Wasem

Content & Copywriting DACH

Ist man ein Foodie, obwohl man nur eine Handvoll Gerichte kocht? Die Antwort ist: Ja, aber sowas von! Denise leidet unter dem (selbst diagnostizierten) Current-Food-Obsession-Syndrom. Ob Gemüse-Curry, Sticky Tofu, Spinat-Feta-Risotto oder Caprese-...

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